
About Me
“Es sind innere Bilder, die ich in meinem Vorstellungsvermögen bilde”
Dieter Schumacher im Gespräch mit Werner Meyer
Vor seiner großen Ausstellung hat Dieter Schumacher ein langes Gespräch mit Werner Meyer, DEM LANGJÄHRIgEN Leiter der Kunsthalle Göppingen, Geführt. Hier Auszüge aus dem Dialog über Dieter Schumachers Bilderreihen.
Werner Meyer: Seit ich Sie und Ihre Arbeit kenne, weiß ich: Sie arbeiten immer in Werkgruppen, und die bilden sich um bestimmte Themen, die Sie dann über einen längeren Zeitraum beschäftigen.
Dieter Schumacher: Unvermutete Einfälle, Entdeckungen oder eindrucksvolle Wahrnehmungen bringen mich auf diese Themen. Manchmal sind es persönliche Erlebnisse, oder ein sonst eher alltägliches Phänomen löst Gedankenketten und Assoziationen aus und wird so interessant und inspirierend. Literarische Themen und das Studium bestimmter Bücher können mich faszinieren wie zum Beispiel das Kapitel Inferno (Hölle) in Dante Alighieris Divina Commedia (Göttliche Komödie). Für mich wie für jeden Künstler sind Begegnungen mit Werken der Kunstgeschichte wesentlich wie zum Beispiel solche, die um das Motiv des Totentanzes kreisen…
In der Divina Commedia von Dante geht es um den Tod. Dantes Reise geht durch das Inferno (die Hölle), das Purgatorio (Fegefeuer), und am Ende stehen das Versprechen und die Hoffnung des Paradieses.
Mein Thema ist das Inferno. Bei Dante beziehe ich mich auf die unterschiedlichen Bestrafungen der Sünder in den neun Kreisen der Hölle, die immer tiefer in das Erdinnere führen. Wie man an den anderen Bildern schon sehen kann, geht es bei mir beiläufig und manchmal sehr intensiv um die Herausforderungen und Möglichkeiten der Landschaftsmalerei. Meine Bilder zu Dantes Inferno sind projiziert in die Kupferminen von Chuquicamata in Nordchile. Ich habe mehrere Jahre in Santiago de Chile gelebt. Die Kupferminen bilden einen riesigen, in die Tiefe gestuften Krater. So hat auch Dante die Kreise des Infernos sich vorgestellt und beschrieben. Die gegenseitige Aufladung mit Vorstellung und mit Bedeutung funktioniert mit dem Kunstgriff des Bildes im Bild.
“Wir waren Menschen, jetzt sind wir Gestrüpp.”
Wer die Andeutungen wahrnimmt und lesen kann, findet auch Anspielungen an die Verhältnisse in Chile nach dem Sturz Salvador Allendes durch den Putsch des Militärs unter General Augusto Pinochet.
Dantes bilderreiche Sprache ist wunderbar fruchtbar für die Imagination, für das Vorstellungsvermögen. Jedes meiner Bilder entspricht dem von Dante erzählten und beschriebenen Geschehen in einem Kreis des Infernos.
Immer wieder entdecke ich ein malerisches Denken, das mit den künstlerischen Mitteln spricht.
Figurative Malerei ist dort angebracht, wo wir etwas genau erkennen und benennen können sollen. Aber Dante wird am Ende des Infernos auch sehr abstrakt, wenn sich alles Menschliche auflöst. Aus dem Gedächtnis zitiert: „Wir waren Menschen, jetzt sind wir Gestrüpp.
“Wege kreuzen sich. Wege enden.”
Pfade, Wege, Straßen (2015-2017) ist die jüngste Werkgruppe, alles Gouachen im selben Format, und diese werden irgendwann zu einem Buch gebunden werden.
Alle Blätter zeigen, wie sich der Mensch mit seinen Wegen der Natur bemächtigt, wie seine Bewegungen Bahnen ziehen. Ein Pfad ist kaum wahrnehmbar in der Wiese oder im Sand. Er verändert und stört kaum das Eigenleben der Natur und hat folglich dieselbe Farbe. Wanderwege zeichnen sich deutlicher in die Landschaft. Wege kreuzen sich. Wege enden. Es gibt Fluchtwege, das war 2016 eine nicht zu übersehende Realität. Hohlwege sind ein romantisches Thema. Ein Feldweg vor einem gelben Rapsfeld inspiriert den Impressionisten. Die Hexenverbrennung ist ein Irrweg. Ein Labyrinth scheint ausweglos. Bei manchen Wegen weiß ich auch nicht mehr, wo sie hinführen sollen.
Sprache spielt dabei eine wichtige Rolle. In anderen, früheren Themenzyklen sind es oft Redewendungen und Redensarten, die Sie zu Bildern inspirieren.
Bei mir kommen die Ideen zu den Bildern beim Malen, ganz assoziativ. Und dann bin ich eine Zeit lang ganz fokussiert auf mein Thema, sehe nur noch oder vor allem Wege, in meiner unmittelbaren Umgebung, wo ich gerade bin, in Kunstwerken, in Fotos, in Filmen… Das ist dann meine besondere Aufmerksamkeit für meine Motive.
Die vollständige Niederschrift des Gesprächs zwischen Dieter Schumacher und Werner Meyer finden Sie im Katalog zur großen Ausstellung in Göppingen 2019.
Vita Dieter Schumacher
9. Dezember 1939
geboren in Göppingen (Baden-Württemberg)
1948 - 1954
Aufenthalt in Buenos Aires (Argentinien)
1961
Abitur in Göppingen
1963
Staatsexamen in Geographie und Philosophikumin Stuttgart
1966
Heirat mit Marie-France Voinot in Nancy (Frankreich)
1963 - 1967
Studium an der Kunstakademie in Stuttgart bei Prof. H. Peters und Prof. A. Appelhans
1967 - 1976
Kunsterzieher an Gymnasien in Baden-Württemberg
1976 - 1982
Kunsterzieher an der Deutschen Schule in Santiago de Chile
bis 2003
Kunsterzieher an Gymnasien in Baden-Württemberg und Fachberater im Oberschulamt in Stuttgart
2003 - 2008
künstlerische Tätigkeit Stadtatelier in Göppingen, Pfarrstraße 20
2008
Auktion”Kunst hilft”mit eigenen Bildern für eine Palliativstation in Göppingen
2017
Vorsitzender der Helmut-Baumann-Stiftung in Göppingen